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Schwebebahnen

Ein poetischer Rückblick in eine Kindheit in den späten 1950 / frühen 60 er Jahren in der Stadt der Schwebebahn
Cover des Buchs 'Schwebebahnen' mit einer Legoschwebebahn davor
Datum:
28. Okt. 2025
Von:
Thomas Lepper

Hanns-Josef Orthels Buch ist ein sehr poetischer Rückblick in eine Kindheit in den späten 1950 / frühen 60 er Jahren.

Der Protagonist Josef, dessen Perspektive der Dreh – und Angelpunkt des Buches ist, zieht als sechsjähriger aus dem von ihm und seinen Eltern geliebten Köln in das unbekannte dunkle Wuppertal.

Da der Vater Eisenbahner ist, zieht man in ein Eisenbahnerhaus. Der Junge, sehr introvertiert und in eigene Fantasiewelten verwoben, ist hochmusikalisch und spielt leidenschaftlich Klavier und entwickelt viele kleine Geschichten.

Recht bald lernt er die etwas ältere Rosa, Tochter des italienischen Gemüsehändlers von Gegenüber kennen, die unter anderem den Tod Ihrer Schwester verarbeiten muss.

Gemeinsam trotzen sie den Umständen der Zeit und den Widrigkeiten des Erwachsen werdens. Sie finden zusammen und erklären sich gegenseitig Ihre Sichten auf die Welt und helfen sich gegenseitig mit Ihren Sorgen und Dämonen.

Dabei haben Sie das Glück sehr verständnis- und einfühlungsvolle Eltern zu haben. Rosas Eltern bringen südliche Lebensfreude, viel Zusammenhalt in der Familie und Liebe für Ihre Tochter ein, die schnell auch Josef einschließt. Ebenso wird Josef von seinen Eltern in seinen Eigenheiten wahrgenommen, gefördert und beschützt. Auch Lehrerinnen, Pfarrer, Lauftrainer und Klavierlehrer finden auf Ihre jeweilige Art Zugang zu dem Jungen. 

Mit dem Ende der Grundschulzeit wird die geordnete Welt auf die Probe gestellt, aber die schöne Lösung des Autors wird nicht verraten. 

Darüber, in wieweit ein Buch autobiographsch ist, soll man ja üblicherweise nicht spekulieren. Der Autor schildert eine Kindheit, die beileibe nicht frei von Konflikten ist, aber von einer solch positiven Grundstimmung und Geborgenheit ist, das ich ihm wünsche möglichst viel davon erlebt zu haben.

Als Wuppertaler muss ich noch ein paar Zeilen zu meiner Heimatstadt und die titelgebende Schwebebahn hinzufügen. Ebenfalls aufgewachsen am Ort des Geschehens kommen nostalgische, leicht verklärte Erinnerungen in mir hoch. Ich wandere mit den Figuren duch die Stadt.

Aber eines kann jeder auch heute noch erleben: Die Fahrt mit der Schwebebahn lädt zum Träumen ein, öffnet neue und nicht alltägliche Blicke auf die Welt und die Stadt, die nicht nur, aber besonders wegen der Schwebebahn immer einen Ausflug wert ist.

Dies gilt besonders für die Ratinger, die sonst oft nur den Blick auf das Glitzern und Mondäne unserer Landeshauptstadt haben.

Hanns-Josef Ortheil: Schwebebahnen
Luchterhand Literaturverlag 2025
ISBN 978-3-630-87784-6